Interview mit Thomas Lerch, Geschäftsführer der Gargellner Bergbahnen

Grüß Di, Thomas. Du bist Chef der Gargellner Bergbahnen. Ihr seid ja eher eines der kleineren Skigebiete im Montafon. Wie positioniert Ihr Euch, was zeichnet Euch aus?

Wir profitieren von unserer Lage auf 1400m und am Talschluss des Gargellner Tals. Gargellen hat einen dörflichen Charakter, der im Winter tief verschneit besonders zur Geltung kommt. Unsere Gäste lieben es ruhig und gediegen, großes Rambazamba mit Apres Ski ist bei uns nicht wichtig. Darauf stellen wir uns bei allen unseren Angeboten ein.

Was ist Deine größte Herausforderung in Deinem Job als Geschäftsführer? Und was findest Du schrecklich an Deinem Job?

Die größte Herausforderung und das, was mich zugleich am meisten begeistert, ist die Zusammenarbeit mit so vielen Menschen. Im Tal insgesamt, mit den Gästen, aber gerade auch mit unseren Mitarbeitern, wir haben im Winter immerhin rund 110 davon. Als großer Arbeitgeber, der aber gerade noch so überschaubar ist, gefällt es mir, auch die Probleme der Menschen im privaten Bereich mit zu verfolgen und mit zu lösen, wenn das möglich ist. Das schafft Zufriedenheit. Beim Mitarbeiter, bei mir und am Ende auch beim Gast.

Weniger angenehm ist der erhebliche Zeitaufwand, den diese Position erfordert, das belastet natürlich auch die Familie, wenn es nur selten ein freies Wochenende gibt.

Mit Eurem Küchenchef Markus haben wir ja auch schon ein spannendes Interview geführt. Welchen Anteil am Umsatz macht ihr mit der Gastronomie zum Gesamtumsatz der Bergbahn, also wie wichtig ist der Verzehr aus finanzieller Sicht?

Wir erlösen nur rund 15-20% unseres Umsatzes mit dem Schafberghüsli, wir haben neben der Bergbahn auch noch das Sportgeschäft als Ertragsbringer. Das passt aber gut so, denn der Ruf des Schafberghüsli ist für uns auch ein Marketingvorteil, der nicht oder nur schwer in Geld zu messen ist. Wie viele Leute nutzen die Bahn, nur weil sie an einer unserer Veranstaltungen oder am Bergfrühstück teilnehmen wollen?

Wir führen das Restaurant zwar als Profitcenter, das ist zur Steuerung auch sehr wichtig, dennoch arbeiten wir alle zusammen für das Erlebnis des Gastes, da lässt sich nicht immer alles korrekt und exakt verrechnen.

Wir sprechen auch viel mir Ferienwohnungsvermieter und Hoteliers, denen auffällt dass die Erwartungshaltung der Gäste immer mehr steigt. Wie nehmt Ihr das als Bergbahn wahr?

Die Gäste sind immer besser und sehr gut informiert, wenn sie anreisen. Aber wir brauchen uns nicht zu verstecken, auch wenn der Wettbewerb intensiv ist, keine Frage.

Wie habt Ihr es mit dem Klimawandel? Immer genug Schnee in Gargellen und investiert Ihr auch in Beschneiungsanlagen?

Ein Riesenthema, natürlich. Bereits 2000 haben wir im vermeintlich schneesicheren Gargellen eine Beschneiung aufgebaut und wurden damals zum Teil belächelt. Heute garantiert uns die Beschneiung die pünktliche Saisoneröffnung und eine Talabfahrt bis Saisonschluss. Dabei ist es ja nicht so, dass wir die Beschneiung ständig laufen haben. Drei Tage beim richtigen Wetter genügen, um eine Grundschneedecke und damit den Skibetrieb sicherzustellen. Dennoch werden wir hier weiter investieren, um eine zweite Talabfahrt und das Schafbergplateau schneesicher zu kriegen. Auch die bisherigen Anlagen müssen überholt und teilweise erneuert werden, der Fortschritt bringt z.B. erhebliche Einsparungen am Energieeinsatz. A propos Energie: Punktuell verursacht die Beschneiung für einige Stunden einen hohen Energieverbrauch, verglichen mit einem Kreuzfahrtschiff im Hafen handelt es sich dabei um Peanuts.

Thomas Lerch, Geschäftsführer der Gargellner Bergbahnen.

Gargellner Bergbahnen (Fotos: Christoph Schöch)

 

Über das Projekt BERGdorf 2025 haben wir schon berichtet. Was ist Euer Beitrag zu dem Projekt als die örtliche Bergbahn?

Als Leitbetrieb des Dorfes sind wir da natürlich stark eingebunden. Neben Menschen und Maschinen können wir auch Kontakte gerade zu Behörden beisteuern. Am wichtigsten ist uns aber, dass dieses Projekt zu einem Dauerprojekt wird und vor allem den Zusammenhalt im Dorf stärkt. Es ist schon stark, wenn über 100 Gargellner und Freunde von Gargellen bei den Aktionen mitmachen. Der Auftakt war ja die Ausholzaktion zur Bewahrung der Kulturlandschaft. Diese ist im Montafon mit ihrem Wechsel von Wäldern, Wiesen und Streusiedlungen absolut einzigartig und muss dringend erhalten werden.

Gibt’s sonst Neuigkeiten aus Gargellen zu berichten, was sind Eure Pläne?

Das Schafberghüsli platzt komplett aus allen Nähten. Es wurde 1995 erbaut und für ca. die Hälfte der Gäste konzipiert, die wir heute hier bedienen. Darum wollen wir Lager und Küche erweitern und auch das Restaurant großzügiger gestalten. Die Planungen laufen bereits, aber die Behördenverfahren dauern unendlich lang, wir hoffen aber, dass wir das im Jahr 2020 abschließen und 2021 mit der Erweiterung beginnen können.

Als kleine Bergbahn können wir natürlich nicht jedes Jahr neue Bahnen für dutzende Millionen Euro bauen, aber wir halten unsere Bahnen gut in Schuss und denken auch über die eine oder andere Erneuerung und Erweiterung nach.

Die Bautätigkeiten im Vergalden an verschiedenen Standorten gehen langsam voran, aber wir sehen das positiv, dass sich hier etwas entwickelt, was zum Charakter von Gargellen passt.

Was macht das Projekt Verbindungsbahn Prättigau?

Die Kontakte zu unseren schweizer Nachbarn bestehen seit Jahren, die Vision einer Verbindungsbahn ist schließlich über 40 Jahre alt. Visionen sind es auch, welche die Arbeit und den Glauben an eine Weiterentwicklung so spannend machen. Technisch wäre das jedenfalls gar kein Problem. Uns reizt daran die Verbindung zur Schweiz, nach Klosters und Davos, das sind schon große Namen im Wintersport, da würde uns als Montafon eine Zusammenarbeit mit dem Engadin sicher nicht schaden. Aber die Kontakte und der Austausch an sich sind auch ohne Bahn sehr wertvoll für uns. Bereits heute gibt es ja die Madrisarundtour in die Schweiz. Und wir erkennen da die Bergbahnkarten der Kollegen im Rahmen der Madrisrundtour bereits an und diese unsere, ohne dass irgendwas verrechnet wird. Beide Teile sehen da den klaren Vorteil. Auch wenn bei uns die touristische Erschließung eher weiter ist als in den meisten Gemeinden des (unteren) Prättigau.

Und grenzüberschreitende Angebote haben einfach einen besonderen Reiz. Zum einen liefert das bei uns schon die Geschichte mit, denken wir nur an die berühmten Schmugglergeschichten oder die furchtbaren Fluchtgeschichten um den mutigen Gargellner Meinrad Juen. Das hat aber auch heute noch einen Reiz für die Gäste, am Grenzpunkt zur Schweiz ein Selfie zu machen und dort anderes Essen und andere Leute zu erleben. Man sieht das auch am Theaterstück „Auf der Flucht“, was seit Jahren erfolgreich um Gargellen herum als Wandertheaterstück aufgeführt wird.

Gibt’s Überlegungen zu einer ja sehr naheliegenden Verbindungsbahn zum Skigebiet Nova der Silvretta Montafon?

Natürlich, bei uns gibt es keine Denkverbote und es ist auch meine Verantwortung und Aufgabe als Geschäftsführer alle Optionen für die Zukunft zu prüfen und offen zu halten. Auch wenn die Realisierung einer Bahn zur Nova technisch deutlich anspruchsvoller wäre als ins Prättigau. Das Thema kommt eigentlich aktuell von der Erstellung des Inventars der Weisszonen, welche Gebiete mit geringer Erschließung beschreibt. Wenn so eine Weisszone verordnet wird, wäre das Gebiet mit einem Bauverbot belegt. Darum wollen wir uns die Korridore ins Prättigau und auch zur Nova sichern, damit auch künftig Optionen zur Weiterentwicklung vorhanden sind. Ähnlich verhält sich dies anderen Gebieten des Landes. Was davon je realisiert werden kann, ist völlig offen. Schon die Vorkosten werden für solche Projekte immer höher und die Behördenverfahren dauern immer länger. Einfach wird das also alles nicht. Und dass wir kein Interesse haben, in völlig unberührte Gebiete wie z.B. das Vergaldental oder das Valzifenztal Bahnen zu bauen, liegt auf der Hand. Auch für uns ist eine intakte Natur und der Umweltschutz extrem wichtig, wollen wir doch gerade dem immer wichtiger werdenden Sommergast ein unverfälschtes Naturerlebnis bieten.

DANKE, lieber Thomas, für Deine ausführlichen und engagierten Antworten, wir wünschen Dir und Deinem großen Team weiterhin viel Erfolg bei der Entwicklung der Gargellner Bergbahnen!
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