Hintergrundgespräch mit Niclas Bösch (selbst aus Gargellen), Produktabteilung und Manuel Bitschnau, Geschäftsführer, beide von Montafon Tourismus

Bisher haben sich vor allem in den (sozialen) Medien viele Bilder und Berichte gefunden, die mit Bergdorf 2025 oder Gargellner Fenster beschrieben waren. Auffällig war die große Aufräum- und Fällaktion in und um Gargellen, bei der hunderte Kubikmeter Holz gefällt wurden. Diese Aktionen wurden als großes Ereignis des ganzen Dorfes aufgezogen, bei denen das „Metnan“, also das Miteinander, in den Mittelpunkt gestellt wurde. Wir haben uns mit Niclas und Manuel darüber unterhalten, was hinter diesen Aktionen steckt und was für ein Ziel damit verfolgt wird.

Gargellner Fenster in der Geologie

Am ehesten denkt man bei Gargellner Fenster an das geologische Thema, das ist vielen Einheimischen und Gästen ein Begriff. Die Gargellner Fenster sind als geologische Besonderheit bekannt, die sich in Form heller Kalkfelsen im ansonsten etwas dunkleren Urgesteinsmassiv zeigen. Als Fenster werden in der Geologie freigelegte Gesteinsschichten oder freigelegte, oft jüngere Schichtstapel bezeichnet, die normalerweise tief unten im Verborgenen liegen, erläutert uns Niclas. Die Freilegung dieser weit unten liegenden Schichten erfolgt durch Erosion und vertikale Erdkrustenbewegungen.

Neues Projekt Gargellner Fenster

Dieses Projekt hat nur den Namen von der geologischen Besonderheit in Gargellen geliehen und geht weit darüber hinaus, erläutert Manuel. Es soll ein vielschichtiger Blick auf alle Epochen entstehen, der das Gargellen von heute durch eine spannende Zeitreise erlebbar macht. An allen historisch relevanten Plätzen sind Ein- und Ausblick eröffnende Fenster vorgesehen, die einen Blick hinter die Kulissen dieser geheimnisvollen Grenzregion zur Schweiz ermöglichen.

Titelbild: Auf der Rüti (Foto: Daniko).

Gargellner Fenster (Foto: Niclas Boesch)

Alles Handarbeit (Foto: Niclas Boesch)

Geologisches Fenster (Foto: Daniko)

Idee und Anlass zum Projekt

Wie mit allen Orten im Montafon erarbeitete Montafon Tourismus ein Ortsprofil für Gargellen, erläutert uns Manuel. Um der touristischen Entwicklung des Ortes wieder Schub zu geben, wurde ein umfangreicher Positionierungsprozess durchlaufen. Das Projekt „Gargellner Fenster“ macht dieses Profil sichtbar und erlebbar für den Gast und steigert die Lebensqualität im Ort. Außerdem wurde durch die gemeinsame Realisierung des Projektes der Zusammenhalt unter den rund 100 Einwohnern enorm gestärkt. Dies waren Gründe für die Unterstützung des Projektes seitens Montafon Tourismus, der Gemeinde St. Gallenkirch und den Bergbahnen Gargellen.

Startaktion für das Projekt: Holzaktion

Quasi als Vorbereitung auf die Gargellner Fenster wurde ab Mai 2018 gemeinschaftlich am Ortsbild gearbeitet. In einer groß angelegten Ausholzaktion fielen Bäume und Sträucher den Motorsägen zum Opfer, erzählt uns Niclas. Gargellen wurde dadurch wieder heller und freundlicher, wie es vor Jahrzehnten bereits war, bevor der Wald große Teile des Ortes eroberte. Diese Aktionen wurden natürlich eng mit den Forstbehörden abgestimmt und von diesen genehmigt, sind doch die meisten Wälder an den Hängen über Gargellen wichtige Schutzwälder für das Dorf.

Die Holzer (Foto: Andrea Schwärzler)

Gargellen Juni 2019 (Foto: Montafon Tourismus GmbH – Andreas Haller)

Rundweg als zentraler Projektbaustein

Eine weitere Gemeinschaftsaktion läuft seit Mai 2019 und hat die Errichtung des Gargellner Fenster Rundwanderweges zum Ziel. Wieder packt das ganze Dorf mit an und Generationen arbeiteten Hand in Hand. Niclas erläutert uns die geplanten Stationen (=Fenster) des neuen Rundwanderweges um das Dorf. Die knapp 7 km können in rund 2,5 h bewältigt werden.

 

  • Kalkofen: Wer im Gargellental auf Steinhaufen und Reste runder Mauern stößt, macht Bekanntschaft mit den letzten Zeugen eines der ehemals wichtigsten Bauhandwerke der Region, des Kalkbrennens. Gargellen verfügt über große Vorkommnisse reiner Kalkbestände, die in ihrer gebrannten Form weit über die Talgrenzen hinaus bekannt und begehrt waren. Neben den Kalksteinen brauchte es Unmengen an Holz, um im Ofen die nötigen Temperaturen von 900-1200 Grad Celsius zu erzeugen.
  • Gitzistee: Findlinge, die von Gletschern mitgetragen wurden, um von ihnen mitten in der Landschaft zurückgelassen zu werden, gehören zu den beeindruckenden Erbstücken der Eiszeit. Der Gitzistee ist ein solcher Findling. Er bietet darüber hinaus Schutz vor Unwettern sowie einen grandiosen Ausblick. Schon Jäger und Sammler zwischen 9600 und 4300 vor Christus haben ihn genutzt. Sein Name setzt sich aus „Gitzi“ (Ziege) und „Stee“ (Stein) zusammen, denn auch Ziegen fanden darunter Schutz vor Nässe.
  • Fenster nach Vergalden: Der Name Vergaldnertal bezieht sich auf das rätoromanische „Val calda“. Das bedeutet warmes Tal. Und tatsächlich ist es im Vergalden aufgrund seiner besonderen Lage immer etwas wärmer als im restlichen Gargellen. Dies schlägt sich auch in dessen artenreicher Botanik nieder. Die Alpe Vergalden war früher eine der größten Kuhalpen und ist heute die letzte Senn-Alpe im Gargellental. Das Vergaldnertal ist darüber hinaus ein wichtiger Lebensraum für Rot-, Gams- und Steinwild.
  • Fenster nach Gargellen: Der Name Gargellen lässt sich aus dem Rätoromanischen ableiten und heißt so viel wie Strudelbach. Während es über Jahrhunderte ein von Landwirtschaft geprägte Maisäß-Ansammlung war, gilt der Tourismus heute als bedeutendster Wirtschaftszweig. Bereits in den 1890er-Jahren wurde es zum Luftkurort. Der von Einheimischen wie Gästen so sehnsüchtig erwartete Ausbau der Zufahrtsstraße wurde 1932 realisiert. Heute gilt Gargellen als einer der ursprünglichsten und schneesichersten Wintersportorte Vorarlbergs.
  • Geologisches Fenster: Diese geologische Besonderheit ermöglicht Einblicke in die 300 Millionen Jahre alte Entwicklung der Alpen. Das Montafon ist geologisch eine besonders interessante Gegend. Hier sind die Alpen auf engstem Raum zusammengepresst. Ihre tektonischen Decken haben sich ähnlich einem Bücherstapel übereinander geschoben und ragen sichtbar aus dem Untergrund heraus.

Gargellen Juni 2019 (Foto: Montafon Tourismus GmbH – Andreas Haller)

Gargellen Juni 2019 (Foto: Montafon Tourismus GmbH – Andreas Haller)

Gargellen Juni 2019 (Foto: Montafon Tourismus GmbH – Andreas Haller)

Weitere Themen zum Gargellner Fenster

Nicht nur der Rundwanderweg, auch weitere Themen sollen rund um die Überschrift Gargellner Fenster entstehen, führt Niclas aus. So soll es in Zukunft z.B. ein Fenster zum Thema Schmuggeln beim St. Antönier Joch geben.

 

Unser Fazit

Uns gefallen diese Anstrengungen und Ideen supergut, die unter dem Begriff und dem Projekt der Gargellner Fenster zusammengefasst werden. So ist es doch absolut ideal, wenn durch gemeinschaftliche Aktionen der Dorfbewohner ein Dorf wieder lebenswerter für die Einheimischen wird und gleichzeitig damit auch die Attraktivität für den Gast steigt. Wir wünschen allen weiterhin viel Spaß beim Projekt und den Gästen eine interessante Entdeckungstour des alten und neuen Gargellen auf dem Gargellner Fenster-Weg.

Bildergalerie:

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