Hintergrundgespräch zur Pistenpräparation mit Martin Oberhammer, Geschäftsführer, Mario Tschofen, Leiter Präparierung und Günter Sohler, Leiter Beschneiung, alle von der Silvretta Montafon.
Neben gutem Wetter sind super Pisten für den ambitionierten Ski- und Snowboardfahrer eines der wesentlichen Kriterien für einen erfolgreichen Skitag. Die Pistenlage und Pistenlänge macht davon einiges aus, aber eine gute Pistenpräparation mit gleichmäßigem Untergrund und weicher Linienführung ohne Löcher, Steine, Eisplatten und Eisknollen ist unabdingbar für ein tolles und vor allem auch sicheres Fahrerlebnis. Über das Thema Pistenpräparation haben wir uns mit einem der Geschäftsführer des größten Skigebiets im Montafon, der Silvretta Montafon und zwei seiner Mitarbeiter unterhalten. Die wesentlichen Elemente für eine gute Piste hat uns Martin gleich aufgezählt: Beschneiungsanlagen, Pistengeräte und die Menschen, die mit der Technik arbeiten.
Die zentralen Maschinen für die Pistenpräparation sind Pistengeräte, bei der Silvretta Montafon der Marken Pistenbully (Kässbohrer, Deutschland) und Prinoth (Italien), die alle zwischen 400 und 510 PS haben, erläutert uns Mario, der u.a. auch für die Werkstatt verantwortlich ist. Die Silvretta Montafon hat davon 30 Stück, rund zwei Drittel davon sind jede Nacht im Einsatz, der Rest ist Reserve oder in Reparatur, der technikverschleißende Einsatz fordert seinen Tribut. Die Fahrer sind mit ihren Maschinen von 15:30/16:00 bis Mitternacht unterwegs, bei Neuschnee arbeiten die Fahrer am frühen Morgen, bevor die Bahnen eingeschaltet werden, damit die Piste frisch präpariert ist. Viele der Geräte sind mit Seilwinden ausgerüstet, an welche die Fahrer das Pistengerät an besonders steilen Stücken anhängen, damit die Seilwinde den Motor zusätzlich beim Schneeschieben unterstützen kann. Aufmerksame Skifahrer finden die Befestigungspunkte und die Stahlseile regelmäßig oberhalb steiler Pistenabschnitte.
Die Silvretta Montafon hat 140 Pistenkilometer im Angebot, also eine ziemlich unvorstellbare Strecke vom Montafon bis Memmingen im Allgäu, die betreut und die jede Nacht neu präpariert werden muss. Die Pistengeräte brauchen ca. 30 Liter Diesel pro Stunde, also ähnlich viel wie ein 40-Tonner-LKW auf 100 Autobahn-Kilometer. Sind alle Geräte im Einsatz und ist eine Neuschneesituation, reden wir über rund 6.000-8.000 Liter Diesel, der jede Nacht gebraucht, organisiert und bezahlt werden muss.
Titelbild: (c) Silvretta Montafon, Mario Tschofen.
Martin Oberhammer, Geschäftsführer. (Bild: Silvretta Montafon, Stefan Kothner)
Damit die Pistengeräte ihre Arbeit machen können, braucht es Schnee. Für ein Skigebiet ist der Naturschnee schon lange nicht mehr ausreichend, erklärt uns Martin. In mittleren und niederen Lagen ist ohne technische Beschneiung kein Skibetrieb denkbar. Auch in hohen Lagen über 2000m ist die technische Beschneiung erforderlich, um den Saisonstart und die Weihnachtssaison abzusichern – denn Frau Holle schüttelt eben nicht immer pünktlich zu Saisonstart die Betten aus. Welcher Schnee der bessere ist, daran scheiden sich die Geister. Chemisch ist er identisch, aber technischer Schnee (früher Kunstschnee genannt) ist strukturell anders als Naturschnee, er ist kompakter und widerstandsfähiger, eignet sich eigentlich ideal als Unterlage für die Skipiste, erläutert uns Günter, der Schnee-Experte, die Details. 88 der 140 Pistenkilometer sind in der Silvretta Montafon beschneibar, also über 60% der Pisten. Für die Beschneiung ideale Temperaturen sind bei -5 bis -10 Grad, wenn es deutlich wärmer wird, kann nicht mehr (wirtschaftlich) beschneit werden. Denn der Kubikmeter technisch erzeugter Schnee kostet unter Vollkostengesichtspunkten rund 4 Euro. Ein Schneegerät produziert bei -3 Grad in der Stunde rund 9 Kubikmeter Schnee, wenn es kälter wird, deutlich mehr. Bei 515 Schneekanonen und Schneelanzen im Skigebiet kommt da einiges an Schnee und Kosten zusammen, rechnet uns Martin vor.
Auch in der Front-Ansicht beeindruckend: Der PistenBully ParkPro. (Foto: Silvretta Montafon, Daniel Hug)
Wobei auch hier die Technik immer weiterentwickelt wird. Moderne Schneelanzen brauchen z.B. nur 10% der Energie, welche eine herkömmliche Schneekanone mit Propeller benötigt, erklärt uns Günter. Je kälter es wird, desto weniger Energie brauchen die Schneeerzeuger. Neben der Energie brauchen die Schneeerzeuger natürlich auch Wasser. Denn zur Schneeerzeugung wird nichts weiter verwendet als Luft, Wasser und Strom. Für einen Kubikmeter Schnee werden rund 400 Liter Wasser benötigt. Der Einsatz von chemischen Optimierungs-Mitteln, Salzen und Bakterien erfolgt in der Silvretta Montafon nicht, so Martin. Da gilt unser Schnee-Reinheitsgebot wie in Deutschland beim Bier, schmunzelt er.
Aufgrund zu geringer Wasserspeicherkapazitäten können nicht alle Schneeerzeuger gleichzeitig laufen, klagt Martin. Das ist insbesondere dann ein Problem, wenn nur wenige kalte Tage und Nächte vor Weihnachten für die Beschneiung zur Verfügung stehen, wie dies z.B. in der Saison 2018/2019 der Fall war. Dann können aufgrund von fehlenden Wasserressourcen nicht alle beschneibaren Pisten auch beschneit werden und einige müssten über die Weihnachtssaison geschlossen bleiben. Gerade in der Hauptsaison schmälert das natürlich das Wintererlebnis des Gastes, denn dann drängen sich die vielen Skifahrer auf zu wenigen Pisten. Die Silvretta Montafon ist darum nach wie vor bestrebt, zur Verbesserung der Schneesicherheit im Skigebietsteil Nova einen Speicherteich zu bauen, über den wir bereits berichtet haben.
Das Zusammenspiel von Pistengeräten und Beschneiung wird ständig weiter optimiert. Zur Optimierung des Wasser- und Energieeinsatzes wurde mit der Schneehöhenmessung des Schweizer Herstellers Leica Geosystems eine Technik in die Pistengeräte eingebaut, mit der jeder Fahrer auf den Zentimeter genau sehen kann, wie viel Schnee sich unter seinem Fahrzeug befindet. Dadurch ist es möglich, Skipisten schon mit wenig Schnee zu präparieren und zu öffnen und die knappen Ressourcen wie das Wasser optimal einzusetzen. Darüber hinaus ist ein zentrales Leitsystem für die Beschneiung in Aufbau, das einen Überblick über die gesamten Beschneiungsanlagen, den Wasserverbrauch an jedem Schneipunkt und die dortige aktuelle Schneehöhe gibt, um den Einsatz der Technik und der Ressourcen weiter zu optimieren, gibt uns Mario einen Ausblick auf die Zukunft.
Ohne engagierte und gut ausgebildete Mitarbeiter wäre die ganze Technik aber sinnlos, so Martin. Pistengerätepiloten beschäftigt die SiMo rund 25, weitere rund 45 Mitarbeiter sind rund um den Pistenjob als Pistendienst, Pistenretter, Beschneier und Mechaniker in der eigenen Werkstatt eingesetzt. Im Sommer sind die Pistengerätefahrer häufig als Fahrer anderer großer Maschinen wie Bagger und LKWs unterwegs, das liegt einem halt irgendwie im Blut, das Pilotieren von großen Maschinen, berichtet Mario augenzwinkernd über die Vorlieben seiner Mitarbeiter.
Insgesamt also ein riesiger technischer und personeller Aufwand, der für eine ideale Piste betrieben werden muss. Technisch geht sehr viel, die Grenzen setzen aber die Kosten, denn der Skispaß muss für den Gast bezahlbar bleiben. Die immensen Kosten für Beschneiung und Pistenpräparierung werden im Montafon allein von den Bergbahnen getragen, in anderen Skigebieten finanziert häufig die öffentliche Hand mit. Neben den Kosten ist auch der Umweltschutz – zu Recht – ein begrenzender Faktor, denn die Eingriffe in die Natur sollten so verträglich wie möglich ablaufen. Dennoch muss ein Skigebiet immer up-to-date sein, um für den Gast attraktiv zu bleiben.
Unser abschließender Tipp für alle Technik- und Maschineninteressierten: Unbedingt einen „Pistenbullyführerschein“ machen und SELBST mal 45 Minuten so einen Giganten bewegen. Haben wir schon getestet, macht irrsinnig Spaß und schärft die Sinne für die Leistung der Mitarbeiter im Skigebiet, die uns – Frau Holle darf dabei gerne unterstützen – jeden Tag perfekte Pistenbedingungen für ein super Skierlebnis schaffen! Infos HIER.
So ein Pistenbully ist schon was sehr, sehr cooles 🙂