Interview mit Thomas Ganahl, Jahrgang 1990, Landwirt in Bartholomäberg.

Servus Thomas, Du bist ein sogenannter Vollerwerbslandwirt in Bartholomäberg Innerberg, lebst also komplett von der Landwirtschaft. Gibt es noch viele Vollerwerbslandwirte im Tal oder sind die meisten nur noch im Nebenerwerb Landwirt?
Die Zahlen sinken auf jeden Fall, die Vollerwerbslandwirte werden weniger. Ich denke es sind noch gut rund zwei Dutzend Vollerwerbslandwirte im Montafon tätig. Ich habe den Hof und die Landwirtschaft von meinem Vater Oswald übernommen, er geht am 1.4.2022 in den Ruhestand, wird mich aber natürlich zum Glück weiterhin unterstützen.

Ist die Einkommenssituation so schwierig oder warum hat sich das so entwickelt mit den Vollerwerbslandwirten?
Also zunächst mal muss man diesen Beruf einfach wollen. Man ist das ganze Jahr und jeden Tag ohne Wochenende Landwirt. Vor allem, wenn mal Tiere hält, die müssen natürlich täglich am Morgen und am Abend versorgt werden. Das wollen viele junge Leute nicht, sie wollen lieber ein geregeltes Wochenende und ab Freitagnachmittag einfach frei. Geld verdienen kann man mit der Landwirtschaft schon. Schwierig ist sicher, wenn man nur Milch an die Molkerei liefert und Kälber aufzieht, das, was halt schon immer so war.

Für mich ist der Reiz aber vor allem, dass ich innovativ sein kann. Wir probieren neue Sachen aus, manches funktioniert nicht, vieles funktioniert aber auch gut. So haben wir mit Urlaub auf dem Bauernhof ein weiteres Standbein, was ein sicheres Einkommen liefert – wenn nicht gerade Corona ist. Und wir vermarkten unsere Produkte selbst und sind einer der wenigen Bio-Betriebe im Montafon. So haben wir eine deutlich höhere Wertschöpfung an dem Milchprodukt. Natürlich liefere auch ich einen Teil meiner BIO- Heumilch an eine Molkerei. Leider erhalte ich dafür nur den Preis für „konventionelle“ Milch, weil in Vorarlberg als Heumilch nicht gezählt wird, was von einem Melkroboter gemolken wird. Im restlichen Österreich ist das anders und für den Landwirt und das Tierwohl ist ein Melkroboter ein Riesenfortschritt. Denn die Kühe können dann melken gehen, wenn sie das Bedürfnis danach haben, die klassischen 12h-Melkabstände sind dann vorbei. Für meine Familie und mich ist die Lebensqualität seit dem Einbau des Automatischen Melksystems auch wesentlich gestiegen

Meine Devise, wir Landwirte sind zwar gerade in Gebirgstälern wie dem Montafon auch Landschaftspfleger, weil wir die Montafoner Kulturlandschaft pflegen und freihalten. Aber ich bin in erster Linie Produzent eines sehr hochwertigen Lebensmittels. Und das gilt es möglichst in konstanter Qualität herzustellen und auch entsprechend und am liebsten regional zu vermarkten.

 

Welche und wie viel Tiere habt Ihr auf dem Hof? Betreibt Ihr 3-Stufen-Landwirtschaft?
Wir halten 18 Milchkühe mit eigener Nachzucht, also so rund 30-40 Stück Vieh haben wir immer. Und ja, wir folgen noch der im Montafon traditionellen 3-Stufen-Landwirtschaft, ein Teil unserer Tiere gehen im Frühjahr aufs Maisäß. Dort werden sie von Ehni und Ahna (Großeltern) betreut, bevor sie im Sommer unter anderem auf die Alpe Wasserstoba im hinteren Silbertal gehen. Im Herbst kommen sie dann über das Maisäß wieder zurück zu uns auf den Hof.

 

Wie sieht Dein typischer Tagesablauf aus?
Ich stehe um 5:45 auf, dann geh ich in den Stall oder die Sennerei. Die Kühe sind oder werden zwar vom Melkroboter gemolken, so dass es zeitlich nicht mehr so darauf ankommt, wann man was macht, aber die Stallarbeit wie Füttern und Misten muss natürlich dennoch gemacht werden. Die Daten aus dem Melkroboter kann ich übers Handy von überall her auswerten und wenn nötig, entsprechend reagieren.

Um 7:30 rum gibt’s dann Frühstück, im Winter bin ich danach meist in der Sennerei und kümmere mich um die Verarbeitung der Milch.

Nach dem Mittagessen gibt’s dann immer noch was auf dem Hof, im Wald oder im Büro zu tun. Zwar wird die Büroarbeit immer wichtiger und das kostet auch richtig Zeit, aber bei schönem Wetter ziehts mich schon extrem nach draußen. Ich habe ja die Holzerei beim Stand Montafon gelernt und das mach ich auch heute noch wirklich gern, auch wenn ich das aus Zeitgründen meist nur noch im eigenen Wald umsetzen kann. Im Frühjahr und Herbst bringen wir natürlich auch noch Mist und Gülle auf den Feldern aus. Im Sommer sind wir auf dem Feld und bei schönem Wetter meist mit Heuen beschäftigt, wir bewirtschaften 37 Hektar Wiese, das ist schon Arbeit.

Das mache ich meist zusammen mit meinen Eltern oder auch meinem Bruder. Wir sind ein starkes Team, jeder kann alle Maschinen bedienen und so bringen wir auch große Flächen zügig gemäht, das Heu gewendet und dann in den Stall transportiert. Dazu haben wir 2 große Mähmaschinen, darunter eine IBEX, die ja praktisch auch aus dem Montafon kommt. Dazu natürlich einen Metrac mit den nötigen Anbaugeräten und einen Transporter mit verschiedenen Aufbaugeräten, anders ist das nicht zu bewältigen.

So gegen 22:00/22:30 gehen wir ins Bett, häufig hab ich am Abend noch Sitzungen oder Besprechungen, so bin ich z.B. Kammerrat bei der Landwirtschaftskammer. Früher waren es dagegen die Tätigkeiten bei der Landjugend, die mich zusätzlich zeitlich beansprucht haben.

 

Du produzierst nur Heumilch. Was ist der Unterschied zur „normalen“ Milch und warum hast Du Dich darauf spezialisiert?
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Heumilch und konventioneller Milch ist die Art, wie das Gras (Futter) haltbar gemacht wird. Bei Heumilch wird das Gras zuerst auf der Wiese und dann mit einem Lüfter im Stall getrocknet, somit ist es lagerfähig und kann im Winter verfüttert werden . Diese Art der Konservierung ist jedoch teurer und witterungsabhängiger. Wenn man es nicht trocknet, wird es angewelkt als Silage haltbar gemacht. Das heißt, es wird luftdicht in einem Silo oder in Folie gelagert. Es gärt dann unter diesen Bedingungen und ist dann auch haltbar. Beide Konservierungsarten geben bei richtiger Handhabung optimales Futter für Wiederkäuer.

Ursprünglich war unser Beweggrund für die Heumilch, dass man dafür einen Mehrpreis bekommen hat. Inzwischen hat es aber auch andere Gründe. So haben wir durch unsere Feriengäste ja häufig Kinder im Stall. Und das Stallklima und der Geruch sind bei Heu komplett anders und angenehmer als bei Silage. Außerdem ist die Heumilch einfacher in der Handhabung, wenn man länger reifenden Käse produziert, so wie wir. Bei Silo-Milch gelangen eher unerwünschte Keime in die Käseproduktion, was dann zu Problemen führen kann. Insgesamt passt es auch gut zu unserem Ansatz, ursprüngliche Landwirtschaft zu betreiben. 3-Stufen-Landwirtschaft, Bio-Hof, Heumilch, für mich ist das eine runde Sache.

 

Du betreibst eine Sennerei. Was produziert Ihr und wer sind die Abnehmer?
Wir machen aus der Milch Butter, Joghurt und natürlich Käse. Zum einen Sura Kees, wie sich das im Montafon gehört, aber auch Schnittkäse, Bergkäse und Camenbert. Unsere Produkte verkaufen wir direkt an die heimische Gastronomie, an Hotels, aber auch den Einzelhandel und natürlich über unseren eigenen Hofladen.

 

Deine Familie ist komplett mit eingebunden in den Hof, richtig? Wer hat welche Aufgabe und Verantwortung?
Ja, ohne Familie geht es nicht. Meine Ahna und Ehni betreuen immer noch den Maisäß und melken und füttern die Kühe, wenn sie dort oben sind, obwohl die beiden weit über 80 Jahre alt sind. Im Winter betreut mein Ehni noch unsere Schweine und die Hühner.

Mein Vater ist der Allrounder, macht viel in Haus und Stall und bringt natürlich zum Glück seine riesige Erfahrung in den Betrieb ein. Er fährt auch noch Winterdienst und präpariert Winterwanderwege am Bartholomäberg bei uns.

Meine Mama ist für unsere Gäste da und organisiert alles rund um den Garten.

Meine Frau ist in der Vermarktung und im Verkauf aktiv, derzeit ist sie natürlich vor allem auch für unsere kleine Tochter da.

Mein Bruder arbeitet als Technischer Leiter bei den Gargellner Bergbahnen, hilft aber gerade beim Heuen auch oft mit und ist Gott sei Dank unser Haus- und Hofelektriker. Gemeinsam mit seiner Freundin unterstützt er uns auch im Bereich Marketing.

Meine Schwester macht die Buchhaltung für uns, das hat sie zum Glück gelernt.

Für mich bleibt der Rest, *lacht* nein, ich selbst bin vor allem in der Sennerei und der Landwirtschaft allgemein tätig, kümmere mich aber auch ums Büro mit Förderungen etc. Auch wenn ich das Büro hasse, es lässt sich nicht vermeiden…*schmunzelt*

 

Bei Euch kann man auch Ferien auf dem Bauernhof machen. Was bietet Ihr den Gästen?
Wir haben zwei Ferienwohnungen mit je 5 Betten bei uns im Elternhaus und bieten richtige Ferien auf dem Bauernhof. Die Kinder können jederzeit zu den Tieren und in den Stall, das ist für die meisten schon ein besonderes Erlebnis.

 

VIELEN DANK, lieber Thomas, für Deine Zeit und Deine Erklärungen, jetzt blicken wir doch etwas besser durch, was so die Herausforderungen Deines Berufs als Landwirt sind. Viel Erfolg und Zufriedenheit sowie möglichst wenig Büroarbeit weiterhin! 😉

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