Interview mit Roland Haas, freischaffender Künstler und künstlerischer Leiter des Kunstforum Montafon, staatl. gepr. Skilehrer und Skiführer, Wanderführer, Seminarleiter, AHS-Lehrer…

Servus Roland, Du bist im Montafon als DER Künstler bekannt. Was sind Deine Hauptaktivitäten?

30 Jahre lang war ich als selbständiger Künstler tätig, meine Hauptaktivitäten waren neben der Malerei das Abhalten von Aquarellseminaren und Malreisen, dazu kam im Winter die Arbeit als Skilehrer und Skiführer am Golm. Anfang der Neunzigerjahre war ich drei Sommer lang in Queenstown, Neuseeland als Skilehrer und Heliski-Guide tätig – das war eine total coole Zeit!

Ich bin früher überhaupt sehr viel gereist, hab unterwegs immer gemalt. Ich war oft das halbe Jahr außer Landes, bin aber immer gerne wieder zurückgekehrt.

1996 war ich Mitbegründer des Kunstforum Montafon (www.kfm.at), dem ich nach wie vor als künstlerischer Leiter, Kurator und Seminarleiter angehöre. Ich freue mich schon auf das Jubiläumsjahr 2021, für das wir uns ein ganz besonders schönes und interessantes Programm überlegen.

Seit 1998 leite ich das künstlerische Bergsymposium SilvrettAtelier (www.silvrettatelier.at), eine sehr erfolgreiche Biennale im Hochgebirge. Die Ausstellung zum Atelier 2018 ist übrigens von 27.9. – 27.10.2019 im Kunstforum.

Im Laufe der Jahre konnte ich einige Kunst-am-Bau-Projekte realisieren, z.B. im LKH Bludenz, Maria Rast, REHA-Klinik und der Raiffeisenbank in Schruns. Mit Land art setze ich mich seit vielen Jahren auseinander, habe Einiges in der Silvretta realisiert, in Sankt Anton a.A. und sogar auf Mallorca.

Wie und seit wann bist Du zur Kunst gekommen, also wann hat Dich die Muse geküsst😉?

Alles begann im zarten Alter von 14 Jahren, als wir in der 4. Klasse am BG Bludenz einen neuen BE-Lehrer bekamen: Ingo Springenschmid. Mit ihm habe ich mich von Beginn an sehr gut verstanden. Er hat mich besonders gefördert und bis zur Matura begleitet.

Ich hab natürlich in BE maturiert und bin dann mit der Matura-Mappe nach Wien zur Aufnahmsprüfung an die Angewandte – in Erwartung, dass sie dort genauso begeistert von mir sein werden wie Prof. Springenschmid. Dem war nicht so, ich wurde nicht aufgenommen.

Erst ein Jahr später, nach einem Intermezzo an der TU Graz, wo ich ganz nach dem Wunsch meines Vaters Architektur zu studieren begann (sowohl mein Vater als auch mein Großvater waren Architekten), gelang mir die Aufnahme an die Akademie der Bildenden Künste in Wien, wo ich in verschiedenen Meisterklassen (u.a. bei Friedensreich Hundertwasser) Malerei sowie – als Bedingung meines Vaters – das Lehramt für Bildnerische Erziehung und Werkerziehung studierte (1978-84).

Titelbild: Gauertaler AlpKultour Geweihbaum.

 

Roland Haas

Gauertaler AlpkulTour: Sagenbaum.

Ich selbst bin nicht bewandert in Kunstthemen, aber was mich von Anfang an fasziniert hat war die Gauertaler AlpkulTour, das finde ich immer wieder sensationell, wie Du hier die einzigartige Montafoner Kulturlandschaft ins Zentrum gerückt hast. Wie kam die Idee zustande und wie wurde sie umgesetzt?

Ja, die Gauertaler AlpkulTour ist wirklich eine ganz besonders schöne Geschichte! Angefangen hat es damit, dass der Stand Montafon an das Kunstforum herangetreten ist, ob wir einen Skulpturenweg entlang des Weges zur Lindauer Hütte organisieren könnten. Es sollte ein Themenwanderweg zur Dreistufenlandwirtschaft werden.

Ich habe also ein Konzept ausgearbeitet und wir haben Standorte und Inhalte bestimmt. Ursprünglich hätten 10-12 verschiedene Künstler-/innen je eine Skulptur erstellen sollen, doch das wäre dann viel zu teuer geworden und die ganze Sache drohte zu kippen. Ich hatte aber im Zuge der Vorarbeiten schon selber so viele Ideen gesammelt, dass ich mein eigenes Gesamtkonzept dem Stand Montafon vorschlug – und es um wenig Geld realisieren konnte.

Die Umsetzung erfolgte mit der Zimmerei Mathies, Franz Mathies ist es zu verdanken, dass tatsächlich alle 11 Skulpturen entstehen konnten.

Trägt die Kunst Deinen Lebensunterhalt oder hast Du noch andere Aktivitäten?

Beinahe 30 Jahre lang waren meine drei Standbeine: Künstler (und Kurator), Seminarleiter und Skilehrer. Vor nunmehr sechs Jahren, mit 55, habe ich beschlossen, doch noch einen „anständigen“ Beruf auszuüben: ich wurde AHS-Lehrer für Bildnerische Erziehung und Werkerziehung am BG Gallus in Bregenz – meinen Vater hätte es gefreut, er hat es aber leider nicht mehr erlebt. Eine anstrengende, energieraubende aber durchaus dankbare Aufgabe! Nichtsdestotrotz verfolge meine drei ursprünglichen Standbeine weiter, mein Leben ist bis zum Rand ausgefüllt, zumal fürs private auch noch Zeit bleiben sollte…

3türme im Herbst, 2008, Aquarell, 32 x 45 cm

Madrisa im Nebel, 2013, Aquarell 40 x 30 cm

Wie siehst Du als Künstler und Bergbegeisterter unseren Lebensraum, das Montafon, heute und in 10 Jahren, wo geht’s für das Tal hin und wo SOLLTE es hingehen?

Es klingt zwar abgedroschen, ist aber so: Wir dürfen da leben, wo andere Urlaub machen! Ich thematisiere in meinen Werken und in den von mir kuratierten Ausstellungen oft die Problembereiche unserer Region.

Der Wintertourismus hat seinen Zenit erreicht, ich glaube, der wächst nicht mehr. Da wird es schwer genug sein, das Niveau zu halten, besonders wenn es noch wärmer wird. Und man muss sich fragen, wann der Punkt erreicht ist, wo es nicht mehr vertretbar ist, noch größere Anstrengungen zum Erhalt des Schneesport-Tourismus zu unternehmen.

Der Sommertourismus hat noch viel Potential, die Infrastruktur ist ja vorhanden. Was ich wirklich traurig finde ist die Tatsache, dass unsere wunderbare Natur zur Kulisse für Events und Attraktionen verkommt, der Berg zum Sportgerät degradiert wird. Mit stimmigen und sinnvollen Angeboten wird zwar lokal gegengesteuert, die Tendenz hin zum Spektakel scheint aber unabwendbar.

Die erdrückende Verkehrsproblematik ist nicht allein dem Tourismus zuzuschreiben, da ist viel hausgemacht. Hier sind weitreichende Visionen gefragt. Wir werden in der Sommerausstellung 2020 im Kunstforum diese Thematik unter dem Titel „individualverkehr(t)“ künstlerisch beleuchten.

Den globalen Klimawandel und die damit verbundene Gletscherschmelze habe ich schon in den Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts malerisch thematisiert, als es noch viele Klimaskeptiker gab und die Lage noch nicht so ernstgenommen wurde. Seit Jahrzehnten verfolge ich am Beispiel Ochsentaler Gletscher diese tragische Entwicklung.

Danke, lieber Roland, für das interessante Interview.

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