Interview mit Jürgen Tschofen, Weißküfer aus St. Gallenkirch 

Grüaß Di, Jürgen, Du bist Weißküfer und wir treffen uns hier in Deiner Werkstatt in Gortipohl, in der es wunderbar nach Holz riecht. Was genau macht ein Weißküfer?
Die Weißküferei ist ein ganz altes Handwerk, die sich mit hellem Holz beschäftigt und aus diesem haus- und alpwirtschaftliche Gegenstände herstellt. Dazu gehört die Holzverarbeitung, u.a. Drechseln und Binden von Holz. Wir binden das Holz auch mit Holz, dazu nehmen wir auch Fichtenholzäste. Das geht aber nur im Sommer, im Winter sind die Äste nicht biegsam genug, da helfen auch keine Tricks, die Natur lässt sich nicht überlisten. Diese Spezialität beherrschen auch nur wir Weißküfer im Montafon, in anderen Gegenden ist das Binden mit Fichtenholzästen unbekannt. Dabei ist die Technik sehr praktisch, denn das Ergebnis ist sehr stabil. Im Gegensatz zum Schwarzküfer, der sich mit dunklem Holz wie Eiche etc. beschäftigt und zum Binden (der Fässer) Metall benutzt, nutzen wir meist Fichte, Ahorn, aber auch Esche und Zirbe sowie Obstholz. Ich kaufe nur heimische Hölzer aus dem Montafon. Das Holz muss auch sehr gut getrocknet werden, ich lasse es an der Luft trocken und das Holz braucht je cm Weichholztrocknung rund ein Jahr. Insgesamt ist das ein seltenes Handwerk geworden. Früher haben die Bauern im Winter die Weißküferei betrieben, wenn sie dazu Zeit hatten, heute gibt’s neben mir nur noch drei weitere Kollegen in ganz Vorarlberg, die diesen Beruf ausüben und das Know How dazu noch haben.

Und welche Produkte bietest Du an?
Die Weißküferei ist sehr vielfältig, inzwischen habe ich rund 75 Produkte in meinem Sortiment. Dazu gehören natürlich die Klassiker, die schon früher hergestellt und für die Land- und Alpwirtschaft gebraucht wurden wie Butterfässer, Buttermodel, Brenta, Krautfässer, aber auch Holzgewinde, Türschlösser komplett aus Holz, gebogene Dauben etc. Aber auch andere Werkstücke wie Butterdosen, Brotdosen, Bilder und Dekoartikel stelle ich her. Derzeit produziere ich gerade das zweite große Fass, in welchem mein Kunde geröstete Kaffeebohnen aufbewahren will. Aber auch Brotdosen aus Zirbenholz, um darin die Teiglinge gehen zu lassen, habe ich gerade hergestellt, dann duftet das Brot nachher wunderbar nach Zirbe.

Wie bist Du auf diesen Beruf gekommen?
In meiner unmittelbaren Nachbarschaft hat früher Otto Ganahl das Handwerk des Weißküfers ausgeübt. Er ist mit 96 Jahren 2016 verstorben und war bis zum Schluss in diesem Handwerk aktiv. Ich war jahrelang Dauergast bei ihm und seine Tätigkeit hat mich schon immer total fasziniert. Meine Kollegen haben früher öfter mal gemeutert, wenn ich immer bei Otto war, statt dass ich mit ihnen fortgegangen bin (schmunzelt). So habe ich dann eine Lehre als Weißküfer bei Otto gemacht und das nicht einfache Handwerk erlernt. Er hat mir unglaublich viel beigebracht und ich bin sehr froh darüber, dass ich einen großen Teil seines Wissens jetzt in meinem Kopf habe. Mein Traum ist natürlich, dieses Wissen mal an einen jungen Weißküfer weitergeben zu können. Zum Glück haben meine Kinder derzeit Interesse an meiner Tätigkeit, aber man weiß ja nie, wie sich das entwickelt, darum würde ich auch einen fremden Lehrbuben ausbilden, wenn ich mir das zeitlich dann mal leisten kann. Vor rund 10 Jahren habe ich dann in Tirol meine Befähigungsprüfung zum Weißküfer abgelegt, wobei die Prüfungsvorbereitung alles andere als einfach war, denn es gibt auch heute noch praktisch keine Literatur mehr zu diesem Handwerk. Ich habe mir ein uraltes Buch vom Anfang des 20. Jahrhunderts organisiert, das behandelt aber nur das Fassbinderhandwerk, nicht die gesamte Weißküferei.

Kannst Du von Deinem Handwerk leben oder hast Du noch einen weiteren Beruf?
Bis praktisch gerade eben bin ich noch als Bauleiter tätig, aber künftig werde ich nur noch als Weißküfer im Hauptberuf arbeiten. Durch die Corona-Lage ist das natürlich nicht gerade einfach, denn auch ich – wie alle anderen Handwerker und Dienstleistungsbetriebe im Tal – profitiere natürlich vom Tourismus. Neben den Einheimischen sind die Gäste und auch die Hotels dankbare Kundschaften. Immerhin habe ich mich durch die Pandemie endlich gezwungen, mehr im Internet zu machen und habe mich extrem gefreut, dass ich über meinen Internetshop sogar schon bis Hamburg liefern konnte. Inzwischen biete ich auch Holzständer für Desinfektionsmittel und Seifenbrettchen mit im Montafon hergestellten Seifen an, man muss immer mit der Zeit gehen und sich anpassen, das ist das A&O als Selbständiger. Also ich bin sehr zuversichtlich und freue mich, immer neue Ideen umsetzen und meinen Kunden damit hoffentlich eine Freude machen zu können.

Lieber Jürgen, vielen Dank für Deine Zeit und den spannenden Einblick in die Weißküferei, wir hoffen mit Dir, dass dieses Handwerk erfolgreich weiterlebt, gerade ins Montafon gehört das wie Holzschindeln auf den Dächern und gestrickte Holzhäuser. Weiterhin viel Spaß und Erfolg damit!


Wer sich für die einzigartigen Produkte von Jürgen interessiert, findet hier weitere Infos: www.weissküfer-tschofen.at

Im Gespräch: Jürgen Tschofen.

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