Interview mit Werner Ganahl, Jahrgang 1959, der die Leitung des Standesamtes in Schruns im Sommer 2021 mit dem Ruhestand tauscht.

Servus Werner, wir treffen uns hier im Gemeindeamt, genauer gesagt im Standesamt in Schruns, das Du seit 32 Jahren leitest. Du gehörst aber gar nicht zu den Gemeindebediensteten in Schruns, richtig?
Stimmt, ich bin nicht bei der Marktgemeinde Schruns angestellt, sondern beim Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverband Schruns, wie das exakt heißt. Wir erledigen für acht Gemeinden im Montafon die Personenstands- und Staatsbürgerschaftsangelegenheiten. Also für alle Gemeinden ab St. Anton i.M. taleinwärts. Solche Verbände gibt es häufiger im Land Vorarlberg, weil sich ein eigenes Standesamt für kleine Gemeinden einfach nicht lohnt. Unser Chef ist der Obmann des Verbandes, es muss laut der Verordnung der Landesregierung Vorarlberg ein Bürgermeister sein, meist der Bürgermeister von Schruns, wie derzeit also Jürgen Kuster.

 

Und was hat Dich dazu bewogen, Standesbeamter zu werden?
Naja, ich war seit 1977 bereits bei der Gemeinde beschäftigt, aber auf der Gemeindekassa und anfangs einige Monate im „Verkehrsamt Schruns“, wie es damals hieß. Der damalige Bürgermeister Harald Wekerle hat mich eines Tages in sein Büro zitiert und mich hinsitzen lassen. Da hatte ich schon Angst, was ich wohl ausgefressen hatte. Er hat mir dann für 1. April 1989 die Position des Standesbeamten angeboten, weil mein Vorgänger in den Ruhestand ging. Ich hab sofort, wie aus der Pistole geschossen NEIN gesagt…*schmunzelt*, weil ich auf der Gemeindekassa ja total zufrieden war, sowohl mit der Aufgabe wie auch mit den Kollegen. Der Bürgermeister hat mir dann angeraten, ich soll mich mit meiner Frau beraten. Sie hat mir geraten, dieses Angebot nicht gleich abzulehnen. Nach kurzer Überlegung habe ich dann „ja“ gesagt. Ich habe die Standesbeamtenausbildung in Salzburg absolviert und die Prüfung abgelegt und der Rest ist Geschichte.

 

A propos Geschichte: Was sind denn Deine tollsten Geschichten aus dem Leben eines Standesbeamten? Hat mal jemand NEIN gesagt? 😉
Nein, das ist mir zum Glück nie passiert, aber was ich nie vergessen habe ist die Trauung, bei der wir einen Notarzt gebraucht haben. Da ist der Braut vor der Trauung sehr übel geworden. Sie war wohl zu aufgeregt und der Kreislauf hat nicht mitgespielt. Der Arzt hat sie dann versorgt und ich konnte die beiden dann doch noch trauen. Eine Trauung ist mir aber mal geplatzt, da hab ich einen Anruf vom Gefängnis erhalten, dass die Braut wohl nicht kommen könne, weil sie in Haft sitze. So was gibt’s natürlich immer mal wieder, aber in der Regel sind es dann Sport- oder Arbeitsunfälle o.ä., welche die Trauung verhindern. Insgesamt habe ich knapp 2600 Trauungen mit Menschen aus 69 verschiedenen Staaten durchgeführt. Natürlich lassen sich oft auch Urlaubsgäste im Montafon trauen, so bekommen wir internationale Erfahrung. Man hat auch seine Stammkunden, die mir dann bei der 3. Trauung schon mal gesagt haben: „Du, etzt komm i abr wörkli nömma, Werner.“ Und in 32 Jahren wird man irgendwie bekannt im Tal, natürlich hat man im Laufe der Zeit mit mehr oder weniger allen Familien einmal zu tun. So bin ich gerade jetzt vor dem Ruhestand von sehr vielen Leuten angesprochen worden, wie zum Beispiel beim Wandern in den Bergen: „Was, Werner, Du hörst auf, wann denn?“

 

Du hast aber nicht nur Trauungen gemacht, oder?
Nein, der Standesbeamte macht ja die „Buchführung des Lebens“, wie wir dazu sagen. Von der Geburt über die Eheschließung mit der Aufgebotsermittlung bis hin zum Sterbefall wird bei uns alles aufgezeichnet. Auch Vaterschaftsanerkenntnisse bei unehelich geborenen Kindern und gemeinsame Obsorgeerklärungen gehören dazu, genauso wie Namensänderungen. Sehr viele Urkunden stellen wir aus, das betrifft oft auch Personen, die schon lange verstorben sind. Seit 1939 gibt es ja das Standesamt in Österreich, davor war das eine Aufgabe der Kirchen. Bis November 2014 wurden Bücher geführt, erst seitdem machen wir Erfassungen im zentralen Personenstandsregister und dem zentralen Staatsbürgerschaftsregister in Österreich. In diese Register müssen wir auch die früher geführten Bücher nacherfassen, das hat den Vorteil, dass alle Personenstandsbehörden (Standesämter), sonstige Behörden wie Bezirkshauptmannschaften, Landesregierungen und auch alle österreichischen Botschaften und Konsulate auf der ganzen Welt auf die Daten zugreifen können.

 

Wer wird denn Dein Nachfolger, musste dieser auch erst überzeugt werden?
*lacht*, nein, nein, Angela Vonier ist seit 17 Jahren meine Stellvertreterin, sie wird wie geplant meine Nachfolgerin und ist in alle Themen auch bestens eingearbeitet. Zur Unterstützung haben wir noch eine neue Kollegin eingestellt. Andrea Hartmann verstärkt seit vergangenen Herbst das Standesamts-Team. Ich habe die Aufgabe wirklich sehr, sehr gern gemacht, die ganze lange Zeit, aber jetzt ist auch mal Zeit, Abschied zu nehmen und mit meiner guten Nachfolgerin wird mich auch niemand hier wirklich vermissen.

 

Und was sind jetzt Deine Pläne, so ganz ohne Trauungen?
Ich bleibe weiterhin Obmann des Gemeindevermittlungsamtes, das für 8 Montafoner Gemeinden eine Art „Schlichtungsstelle“ ist, bevor man aufs Gericht muss. Und ich bleibe natürlich Pfarrkirchenrat in Schruns und werde auch bei der Feuerwehr weitermachen, der ich schon 44 Jahre treu bin. Legalisator für Schruns bin ich auch noch, kann also Unterschriften, die z.B. für das Grundbuch erforderlich sind, beglaubigen. Aber meine wirkliche Herzensangelegenheit ist natürlich meine Familie, besonders unsere zwei Enkel. Dann auch unser Maisäß am Kristberg, der war für mich immer schon ein toller Ausgleich zum Bürojob, wenn wir die Wiesen heuen und Holzarbeiten erledigen, das werde ich sicher noch intensiver in Zukunft nutzen.

 

Lieber Werner, vielen, vielen Dank für die spannenden Einblicke in Dein Berufsleben und wir wünschen Dir mindestens genauso viele zufriedene Jahre auf dem Maisäß am wunderschönen Kristberg wie Du Standesbeamter warst. ALLES GUTE!

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