Interview mit Anna Bertle aus Schruns, Kunsthandwerkerin und Studentin der Kunstgeschichte

Wir haben uns mit Anna Bertle mitten in Schruns getroffen, dort hat sie ihre kleine Werkstatt und bewohnt das Haus ihrer Familie, deren Mitglieder schon seit Generationen im Montafon als Künstlerfamilie bekannt und z.T. auch sehr berühmt geworden sind. So ist ihr Urgroßvater Hans Bertle, nachdem der Weg benannt ist, in dem Anna wohnt, ein berühmter Maler gewesen und im Übrigen Ehrenbürger von Schruns.

Liebe Anna, wir freuen uns, dass Du uns Einblick in die Welt der Glaskunst geben willst. Erklär uns erst mal: Was machst Du?
Ich mache handgefertigte Unikate aus Glas. Dabei stelle ich das Glas nicht selbst her, das kaufe ich von großen Glasherstellern in verschiedenen Farben. Aber ich arbeite mit dem Glas und stelle daraus hochwertigen Schmuck wie Halsketten, Ohrringe, Armbänder, Anhänger etc. her, aber auch Dekorationsobjekte wie Tiere oder Gebrauchsgegenstände wie Cocktailspieße. Dabei ist mir sehr wichtig, dass sich alle Objekte unterscheiden, keines ist wie das andere. Außerdem mag ich keine klotzigen oder kitschigen Glasobjekte, meine Produkte sollen alle sehr filigran und detailreich sein.

 

Was unterscheidet Deine Arbeit von Produkten wie man sie als Murano-Glas kennt?
Murano-Glas genießt immer noch einen Weltruf, das hängt damit zusammen, dass auf der Insel Murano bei Venedig einst sehr berühmte Glaskünstler und Glasbläser tätig waren. Glas war damals äußerst wertvoll, zum Teil ähnlich wertvoll wie Gold. Darum durften die Glasmacher die Insel auch nie verlassen, ihre Kunst sollte exklusiv bleiben.

Davon ist heute leider nicht mehr viel übrig. Was heute den Touristen in Venedig aber auch auf Murano verkauft wird, ist ganz überwiegend Glas aus industrieller Produktion, meist aus China. Bei der industriellen Produktion wird häufig zu viel Soda ins Glas gemengt, das beeinträchtigt die Qualität des Glases, da die Beständigkeit sinkt und es schneller brüchig wird. Meinem handgefertigten Glas wird durch gezielte Temperatureinwirkung die Spannung weitgehend genommen, so dass es viel stabiler ist.

Wie bist Du denn aufs Glas gekommen? 😉
In meiner Familie haben alle seit jeher eine kreative Ader. Mein Vater und meine Oma sind beide Hinterglasmaler, so kam ich mit dem Glas das erste Mal als Kunstobjekt in Berührung. Nach der Matura (Abitur) habe ich mich dann entschieden, etwas mit den Händen zu machen und mich in diese Richtung umgeschaut.

Dabei bin ich auf die Glasfachschule Kramsach in Tirol gestoßen und deren Angebot hat mich sofort überzeugt. Ich habe dort mein Diplom für Kunsthandwerk und Objektdesign gemacht und am Ende war das die beste Entscheidung in meinem Leben, dorthin zu gehen. Glas ist einfach mein Ding. Jetzt studiere ich Kunstgeschichte im Bachelor in Innsbruck, habe aber seit 2017 meine Werkstatt in Schruns und auch ein Gewerbe dafür.

 

Und wie müssen wir uns Deine Arbeit konkret vorstellen, was machst Du mit dem Glas und wie sieht das Rohmaterial überhaupt aus?
Ich kaufe Gläser in verschiedenen Härten und Farben, das Glas kommt in Form von Stangen oder Rohren als Rohmaterial zu mir. Je nachdem, welche Metalloxide und welchen Sauerstoffanteil man bei der Glasproduktion verwendet, hat das Rohprodukt eine andere Färbung. So können Eisen oder Gold im Glas sein, gerade magentafarbenes Glas ist darum sehr teuer und je nach Farbe und Härte des Glases gibt es immense Preisunterschiede. Ich arbeite ja auch viel mit anderen Materialien, bei Schmuck insbesondere mit Silber. Aber Glas kann man zu so viel anderen Sachen kombinieren, das fordert mich immer wieder heraus und fasziniert mich.

Das Herz meiner Werkstatt ist die Lampe, wie wir das nennen, das muss man sich als eine Art Bunsenbrenner vorstellen, der mit Propangas und Sauerstoff aus verschiedenen Düsen bis zu 1500 Grad Hitze produzieren kann. Mit diesem mache ich das Glas weich, die Konsistenz ist dann ähnlich wie Honig oder Kaugummi. Manches Glas verändert unter der Hitze dann auch wieder die Farbe. Überwiegend mit dem Glas selbst, aber auch mit kleinen Werkzeugen, forme ich dann das Glas und mache daraus die kleinen Objekte, die Ihr hier überall sehen könnt.

Du bist mit Jahrgang 1996 eine sehr junge Glaskünstlerin, was dürfen wir in Zukunft noch von Dir erwarten?
Ich werden auf jedem Fall dem Glas treu bleiben, das steht fest. Aber ich kann mir als Hauptberuf eher etwas in der Nähe der Kunst vorstellen, z.B. in einem Auktionshaus, darum studiere ich ja auch Kunstgeschichte. Das Glas wird aber immer Teil meines Lebens bleiben. Nur will ich immer kreativ sein und neue Sachen entwickeln, darum mag ich den Druck nicht, den ich hätte, wenn ich wirklich ausschließlich von meinem Glashandwerk leben müsste. Das würde der Leidenschaft vielleicht schaden.

 

Vielen Dank, liebe Anna, für diesen total spannenden Einblick in Deine Glaskunst, wir wünschen Dir weiterhin viel Spaß und Erfolg damit!
Wer Interesse an Annas handgefertigten Unikaten aus Schruns hat, schaut auf www.unikate-glas.at

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