Auch im Montafon fällt Abwasser an, das nach einem ausgeklügelten System gereinigt und am Ende noch als Energielieferant genutzt wird. Dabei verursacht gerade die Tourismusprägung des Tals besondere Probleme für die Abwasserreinigung. Über die Funktionsweise und Probleme der Kläranlage (Abwasserreinigungsanlage = ARA) im Montafon haben wir uns mit Daniel Baratto unterhalten, dem stellvertretenden Betriebsleiter der ARA Montafon, der uns offen und sehr kompetent Auskunft gegeben hat.
Abwasserverband
Die ARA wird vom Abwasserverband Montafon betrieben und befindet sich zwischen Vandans und Lorüns. Von der Hauptstraße aus kann man sie sehen, wenn man taleinwärts fährt und hinter dem Bahnübergang nach Lorüns nach rechts schaut. Alle Gemeinden des Tals mit und oberhalb von Vandans sind Mitglieder des Abwasserverbandes und lassen ihr Abwasser von der ARA reinigen. Bei rund 16.000 Einwohnern und über 2 Mio Gästenächtigungen im Jahr kommt da einiges zusammen, insgesamt über 2,6 Mio m³ im Jahr 2017, erläutert uns Daniel.
Reinigung des Abwassers
Im Abwasser von Haushalten und Betrieben befinden sich Stoffe, welche von einer Kläranlage entfernt werden müssen. Mit Hilfe von mechanischen, biologischen und chemischen Verfahren wird das Abwasser gereinigt. Der Rechen ist die erste Stufe der Abwasserreinigung. In ihm bleiben grobe Verschmutzungen bis 5 mm wie z.B. Lebensmittel, Artikel der Monatshygiene, Holz und Tiere hängen. Der Sand-Fettfang entfernt Sand und Fette durch Belüften. Durch Einblasen von Luft am Beckenboden entstehen Wirbelströme, was dazu führt, dass sich die Feststoffe am Beckenboden absetzen. Das Ende der mechanischen Abwassereinigung ist das Vorklärbecken, in diesem setzen sich ungelöste Stoffe, wie z.B. Fäkalien ab. Danach erfolgt im Belebungsbecken die biologische und chemische Reinigung. Der Belebtschlamm wird durch Absetzen aus dem Abwasser abgetrennt. Die durch den Abbau der Abwasserinhaltsstoffe entstehende Biomasse wird als Klärschlamm beseitigt, meist aber im Faulbehälter durch Bakterien zu Faulschlamm und Faulgas abgebaut.
Hintergrundgespräch mit Daniel Baratto, stellvertretender Betriebsleiter der ARA Montafon
Fettproblem im Abwasser
Die Abwässer aus dem Montafon sind sehr stark vom Tourismus geprägt. Während der starken touristischen Monate kam es in den letzten Jahren immer wieder zu einem erhöhten Anstieg des Fettanteils im Abwasser. Deshalb hat die ARA Montafon in den letzten Jahren verstärkt Gastronomiebetriebe und Abwasserkanäle kontrolliert, erklärt uns Daniel. Die Untersuchungen hätten gezeigt, dass vor allem die Kanäle oftmals stark verschmutzt und der Fettgehalt sehr hoch war. Neben Ölen und Fetten finden sich auch regelmäßig Küchenabfälle oder Restmüll, manchmal sogar Spritzen und andere für die Mitarbeiter der ARA gefährliche Gegenstände im Kanal oder in der ARA, welche ordnungswidrig über den Abfluss entsorgt wurden. Der Fettgehalt im Abwasser sollte so gering wie möglich sein, denn fetthaltige Abwässer haben zahlreiche negative Auswirkungen, wie Daniel ausführt:
- Verstärkte Korrosion durch Fettablagerungen von Stahlbetonkanalrohren mit hohen Folgekosten
- Erhöhte Betriebskosten durch größeren Sauerstoffeintrag für Fettabbau
- Beeinträchtigung von Geräten und Maschinen, wie z.B. Messeinrichtungen
- Geringerer Faulgasertrag aufgrund von geringeren Fettlieferungen aus den Betrieben mit Fettabscheidern
Vor allem Gastronomie- und Beherbergungsstätten haben sich in den letzten Jahren oft nicht an die vorgeschriebenen Vorschriften gehalten, merkt Daniel kritisch an. Laut den vorhandenen Verordnungen und Normen müssen für Fette im Abwasser Grenzwerte von 100mg/Liter bei gewerblichen Betrieben eingehalten werden. Für viele Hotelbetreiber ist die Installation eines Fettabscheiders somit unumgänglich und inzwischen sind auch rund 90% der Gastronomiebetriebe damit ausgestattet. Bei Kontrollen konnten allerdings Werte festgestellt werden, die bis um den Faktor 26 (!) mehr Fett enthielten als gesetzlich erlaubt. Die Gründe liegen oft in der schlechten Wartung der Fettabscheider sowie der zu geringen Anzahl an Entleerungen des Altfetts aus den Fettabscheidern. Dieses entleerte Fett wird normalerweise direkt an die ARA geliefert und darf dort im Faulturm zu Faulgas vergären.
Um den Fettsündern auf die Spur zu kommen, wird mit einem speziellen Kameraroboter im Kanalsystem nach diesen gefahndet. Außerdem soll eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit zur Aufklärung der Haushalte und Betriebe über die Auswirkungen von Fett im Abwasser dazu führen, dass die Kosten einzelner Umweltsünder nicht von der Allgemeinheit getragen werden muss, erläutert uns Daniel die seit einigen Jahren gefahrene Strategie der ARA.
Produktion von Strom und Wärme
Bei der Abwasser-Reinigungsanlage Montafon wird neben der Abwasseraufbereitung auch 100%-Öko-Strom produziert. Denn der Rohschlamm und die Altfette vergären im Faulturm, wodurch Faulgas entsteht. Mit diesem Faulgas wird in den Blockheizkraftwerken Strom und Wärme erzeugt. Der erzeugte Strom wird bei der ARA Montafon für den Eigenbedarf genutzt, auch die Wärme wird zu 60% selbst auf der Anlage gebraucht, überwiegend für den Faulturm und das Heizen der Gebäude. Der Rest der Wärme wird für die Trocknung des angrenzenden Hackschnitzellagers des Stand Montafon Forstfonds verwendet. In einem Gasbehälter werden Mengenschwankungen des Faulgases gepuffert. Im Ausnahmefall, so Daniel, kann das Gas bei Überschuss auch über eine Gasfackel verbrannt werden.
Weitere Infos zur ARA finden sich auf der Webseite des Abwasserverbandes.
Ich bin ein Freund der Nachhaltigkeit, deshalb finde es toll, dass die Abwasser-Reinigungsanlage auch Strom und Wärme erzeugt. In der Anlage werden bestimmt auch Abwasseranalysen durchgeführt. Ich finde diese Analysen genauso wichtig, wie die des Trinkwassers. Wasseranalysen können immer zeigen, wenn es ein Problem gibt.
Hallo,
Danke euch für diesen guten Beitrag! Der Artikel hat mir bei diesem Thema wirklich gut weitergeholfen.
Grüße vom Dieter
VIELEN lieben DANK, Dieter! 🙂
Ich wusste nicht, dass es aufgrund der Aktivität der Touristen zu einem Anstieg des Fettanteils im Abwasser kommt. Dies hat aber auch mein Onkel als beruflicher Abwassertechniker bestätigt. Am Anfang hatte er Schwierigkeiten, den Fettanteil zu reduzieren. Heute ist er aber damit total versiert.
Wirklich schön, dass man mal so einen Einblick in die Abwasserreinigung bekommt. Dass in der Kläranlage so viele verschiedene Reinigungsschritte durchgeführt werden, war mir gar nicht bewusst. Ich denke man sollte besser darauf achten die Vorschriften in Sachen Abwasser einzuhalten.
Ein sehr interessanter Beitrag zur Abwasserreinigung, danke dafür. Mein Bruder hat in seinem Betrieb zuletzt auch große Probleme mit dem Abwassersystem gehabt. Er musste schlussendlich sogar einen Kanal sanieren lassen. Gut zu wissen, dass Fettablagerungen zu verstärkter Korrosion von Stahlbetonkanalrohren führen. Ich werde ihm den Tipp mit dem Fettabscheider weitergeben.
Interessant, dass gerade der Tourismus Probleme für die Abwasserreinigung bedeutet. Ich finde es aber toll, dass durch die Reinigung des Abwassers das Wasser am Ende als Energielieferant dienen kann. Erst letzte Woche hatten wir eine Kanalreinigung bei uns, aber Ihr System ist echt eine Überlegung wert.
Vielen Dank für den Beitrag zum Thema Abwasserreinigung. Mein Onkel führt einen Betrieb und muss sich auch um die Abwasserreinigung kümmern. Für das Fett im Wasser nutzt er auch einen Fettabscheider. Gut zu wissen, dass Fettabscheider bei 90 % der Gastronomiebetriebe bereits gang und gäbe sind.
Hallo Jessica,
DANKE für Deinen Input. Die ARA hatte mal einen Tag der offenen Tür angeboten, fand ich eine super Idee, war nur auch nicht genügend bekannt gemacht im Tal und deshalb nicht so toll besucht….
LG Patrick
Interessanter Artikel! Ich wohne selbst in Tschagguns und habe gerade zum ersten Mal von diesem Problem gehört. Die ARA sollte devinitiv ihren Marketing Mix überdenken und an einer neuen Strategie arbeiten. Die Öffentlichkeit sollte, meiner Meinung nach, weniger kontrolliert sondern mehr aufgeklärt werden. Zum Beispiel könnte den Gastronomen im Tal klargemacht werden, dass sie quasi mit ihren eigenen Steuergeldern für die extra Reinigung der Kanäle usw. bezahlen müssen. Desweitern könnte man einen Anreitz schaffen für die Benützung deren Hauseigenen Fettabscheider durch zb Preisausschreiben, Reperatur- oder Wartungsgutscheine. Nur um ein paar Ideen zu nennen.
Dass ein anaerober Prozess (Faulung) verwendet wird verrät allein die starke organische Belastung des Abwassers.
Gut dabei sind sie mit dem Ökostrom und der Wärmenutzung. Auch die Idee mit dem Kameraroboter klingt interessant.